. Aber hinter den Funktionsweisen von Algorithmen stehen immer Menschen, gesellschaftliche Ziele und politische Interessen, die vorgeben, wie ein Algorithmus seine Entscheidungen treffen soll. Welche Bilder findet google etwa, wenn man nach „schwarze Mädchen“ sucht? Vorwiegend pornographische, berichtet Astrid Mager (Institut für Technikfolgen-Abschätzung an der ÖAW), die sich mit den Ideologien in algorithmischen Entscheidungsprozessen beschäftigt hat. In diesem Beispiel zeigt sich, wie ein diskriminierendes Weltbild für google-Sucher*innen fortgeschrieben wird, indem die Algorithmen ihnen eine bestimmte Bildwelt eröffnen. Durch die kommerzielle Ausrichtung privater Suchmaschinen werden bestimmte – kommerzielle – Inhalte hoch gerankt.
Der Kampf gegen Diskriminierungen wie diese ist ein politischer, so Günther Ogris (Managing Partner und Scientific Director, SORA Institut). Algorithmen setzen nur strukturelle Diskriminierungen um, die bereits in der Gesellschaft vorhanden sind. Die Kriterien, nach denen Algorithmen arbeiten, unterliegen außerdem demokratiepolitischen Entscheidungen, sagt Hannes Werthner (Univ.-Professor i.R., TU Wien Informatics, Begründer der Initiative "Digital Humanism") – und Europa habe eigentlich genug Marktmacht, um auch große Konzerne und ihre Algorithmen rechtlich und ethisch zu regulieren. Darin ist sich das Podium im Wesentlichen einig. Es bräuchte dazu Gremien und Institutionen, die sich über den Datenschutz hinaus, mit demokratischen und ethischen Fragen im digitalen Raum beschäftigen.
Seine Liebeserklärung an die Algorithmen ließ Günther Ogris erst hören, als die Kameras des Livestreams schon abgeschaltet waren. Sie hatte auch etwas damit zu tun, dass sein Hauptmetier – Wahlen – auf niedergeschriebenen, textlich vorliegenden Algorithmen basieren: Auf Handlungsanweisungen, die eindeutig klären, was beim Wählen und beim Auszählen von Wahlen zu tun ist. So tragen Algorithmen also auch ihren Teil dazu bei, dass die Demokratie funktioniert.
Walter Hämmerle, der den Abend als Chefredakteur der Wiener Zeitung moderierte, schloss mit dem Gedanken, dass das "oder" im Titel eigentlich ein "und" sein müsste. Algorithmen sind weder Freund noch Feind. Sie sind immer so gut, so demokratisch, so menschenfreundlich wie der gesellschaftliche Kontext, dem sie entstammen.
Den ganzen Abend und die Essenz des Abends gibt es hier zum Nachschauen wienerzeitung.at/futureethics